"Es liegt kein Antrag vor"

So heißt der Erfahrungsbericht von Johanna Richter, einer jungen Frau, die arbeitslos wurde und für eine Weile auf die Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter angewiesen war. Johanna Richter beschreibt, wie sie über Monate keine finanzielle Unterstützung bekam, bis Strom und Gas abgestellt wurden, weil sie beides nicht mehr bezahlen konnte. Als dann nach vier Monaten endlich Arbeitslosengeld bewilligt wurde, merkte sie, dass das viel zu wenig war. Sie beantragte ergänzend Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Der Antrag wirkte aber nicht zurück. Im Ergebnis bekam sie also für einen erheblichen Zeitraum Leistungen weit unter Hartz-IV-Niveau.

Tatsächlich hat das BSG das im April dieses Jahres so entschieden: Ein Antrag auf Arbeitslosengeld wirkt nicht automatisch auch als Antrag auf ergänzendes Arbeitslosengeld II (BSG, 2.4.2014, B 4 AS 29/13 R).

Johanna Richter hatte keine Erfahrung mit der Sozialverwaltung und wusste nicht, wie hoch das Arbeitslosengeld sein würde. Sie hätte von Vorneherein bedenken müssen, dass sie möglicherweise Anspruch auf ergänzendes Arbeitslosengeld II hat. Dann hätte sie vorsorglich einen entsprechenden Antrag stellen können. Außerdem hätte sie wissen müssen, dass sie beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte beantragen können. Dann hätte sie vielleicht nicht im Kalten sitzen müssen, weil sie das Gas nicht mehr bezahlen konnte.

Sie wurde von den Behörden nicht richtig beraten und hatte damit keine Chance, ihre sozialen Rechte zu realisieren (siehe § 2 SGB I). Wer den Bericht von Johanna Richter liest, gewinnt den Eindruck, dass die Verwirklichung sozialer Rechte oft nur mit qualifizierter Beratung und gerichtlicher Hilfe zu haben ist. Das Buch ist im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf erschienen und kostet 9,95 €.

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